Rechtsabteilung von Rexel Germany: Die KI ist eine Mitarbeiterin

Nicole-Steuer-General-Counsel

Als Elektrogrosshandel richtet sich Rexel Germany an Kunden aus Industrie, Handel und Handwerk. Zugeschnitten auf die spezifischen Anforderungen jedes einzelnen Kunden bietet Rexel ein breites Sortiment an nachhaltigen und innovativen Qualitätsprodukten. Zusammen mit kompetenten Beratungs- und Logistikleistungen schafft Rexel Mehrwerte, von denen die Kunden umfassend profitieren: für ein Plus an Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz von Anlagen, Infrastruktur und Gebäuden. Nicole Steuer, General Counsel D/A/CH gibt Einblick, warum und wie ihr Team künstliche Intelligenz in der Rechtsabteilung einsetzt.

Frau Steuer, welche Bedeutung hat für Sie das Thema Digitalisierung in der Rechtsabteilung?

Nicole Steuer: Das Thema Digitalisierung hat für mich eine hohe Priorität. Wobei ich klar die Unterscheidung mache zwischen der Digitalisierung von Prozessen und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz. Das sind für mich zwei unterschiedliche Themen.

Wir blicken auf einen hohen Digitalisierungsgrad im Unternehmen, auch in der Rechtsabteilung - insbesondere im Bereich Compliance. Da ist es fast selbstverständlich, dass dann auch das Thema Verträge aufkommt. Wir haben gerade bei der Vertragsprüfung grosse Potenziale für Effizienzgewinne und Risikominimierung erkannt.

Was gab den Ausschlag, auf künstliche Intelligenz in der Vertragsprüfung zu setzen?

Ich denke, ich bin nicht die Einzige, die mit diesem Problem als General Counsel zu kämpfen hat: Do more with less. Es werden sowohl von externen als auch internen Anspruchsgruppen immer mehr Anfragen an die Rechtsabteilung herangetragen. In Anbetracht dieser Entwicklung bei gleichzeitig begrenzten Ressourcen ist bei mir schon vor einiger Zeit der Wunsch nach der „Kollegin KI“ gereift.

Um es am Bereich Vertragsprüfung zu veranschaulichen: Es gibt nur eine beschränkte Anzahl Mitarbeitende in meinem Team, die Verträge prüft: Diese sind alle Volljurist:innen. Frühere Versuche, andere Mitarbeitende mit begrenztem juristischen Wissen auf das Thema anzusetzen, bzw. auszubilden, haben nicht wirklich funktioniert. So wurde die Vertragsprüfung wieder vollumfänglich von Volljurist:innen in unserem Team durchgeführt. Aber das repetitive Prüfen von Standard-Verträgen, beispielsweise von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Non-Disclosure-Agreements (NDA), ist leider nicht sehr spannend, raubt viel Zeit und stiftet keinen wirklichen Mehrwert. Hier soll nun die künstliche Intelligenz unterstützen.

Dabei ist es mir sehr wichtig, immer ganz deutlich zu sagen, dass die KI niemandem die Arbeit wegnimmt und auch keine/keinen Jurist:in ersetzen wird.

Unter dieser klaren Prämisse konnten wir im Team gemeinsam das Projekt starten, eine Lösung zu finden, wie wir eine KI in der Vertragsprüfung einsetzen können, die als willkommene Assistentin repetitive, nicht mehrwertstiftende Aufgaben übernimmt und das Team entlastet.

Das Bedürfnis nach einer KI-assistierten Vertragsprüfung war also da - wie gingen Sie vor, um Ihrem Zielbild näherzukommen?

Den Wunsch hatte ich schon länger, allerdings waren damals noch keine Lösungen am Markt verfügbar. Deshalb habe ich schon sehr früh einen Versuch mit einem Startup gewagt, das aber die Corona-Zeit als Unternehmen leider nicht überstanden hat. Ich war aber weiterhin überzeugt von der Idee der KI-gestützten Vertragsprüfung. Ich habe deshalb mein Team gebeten, nach einer Alternativlösung zu suchen. Das war mir auch deshalb wichtig, damit die „KI“ die Akzeptanz des Teams hat.

Mein Team hat dann einiges in die Suche und Evaluation nach einer möglichen Lösung investiert, die unseren Wünschen und unserer Vorstellung nahekam und dabei Legartis als vielversprechendste Lösung voridentifiziert. Gemäss unseren internen Prozessen haben wir uns dann gemeinsam für Legartis entschieden. Es wurde uns schnell klar, dass Legartis genau da ansetzt, was wir uns vorstellten.

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Was waren die Gründe, weshalb Sie sich für Legartis entschieden?

Schon während der Demo erkannten wir, dass das ein ausgereiftes Produkt ist, das sofort einsatzbereit ist. Neben der erprobten und vortrainierten Funktionalität der KI war für mich die Nutzerfreundlichkeit eines der wichtigsten Entscheidungskriterien. Legartis ist äusserst bedienungsfreundlich, folgt dem Workflow von Jurist:innen und leitet sie bequem durch die Vertragsprüfung. Um kurz die wichtigsten Faktoren zu nennen, die uns überzeugten:

  • Die KI ist bereits vortrainiert und sofort einsatzbereit. Sie benötigt von uns kein Co-Development.
  • Verschiedene Vertragsmuster sind in den Contract Playbooks integrier- und verwaltbar. Der Wissenstransfer bleibt so sichergestellt.
  • Äusserst nutzerfreundliche Bedienung, die den Vertragsprüfungsprozess von Jurist:innen optimal unterstützt.
  • Kurze Onboarding- und Trainingsphase der Jurist:innen, sie profitieren somit schnell von der KI.
  • Das Vertragsprüfungs-Tool als Word Add-In ist sehr schnell installiert.
  • Legartis ist ist ein in der D-A-CH-Zone ansässiges Unternehmen und gewährleistet hohe Datenschutz-Standards.

Wie wurde die KI bei Ihnen im Team aufgenommen - wie gelang der Start?

Da ich das Team von Anfang an einbezogen hatte und wir dann das gesamte KI-Projekt gemeinsam entwickelt hatten, freute sich das Team auf das Onboarding. Die Einführung und Implementierung von Legartis klappte schnell und professionell. Das Team nutzte von Beginn weg die KI. Dass sowohl das Onboarding und die jetzige Nutzung so reibungslos verläuft, ist äusserst positiv zu werten. Meine Erwartungshaltung war, dass das Tool genutzt wird. Oft wird ja erst teure Software angeschafft und dann doch nicht genutzt, da sie zu kompliziert oder doch ineffizient ist. Doch die Mitarbeitenden haben Legartis sehr schnell angenommen und arbeiten gern damit.

Das Team nutzt Legartis, da es überzeugt ist, dass es dem Einzelnen Mehrwert bietet.

Des Weiteren sollte die Qualität der Vertragsprüfung durch die KI einen gewissen Standard haben, damit das Team auch wirklich entlastet wird und es nicht nochmals die Resultate der KI überprüfen muss. Dazu habe ich vom Team ebenfalls positive Rückmeldung erhalten, was mich freut. Dennoch brauchen wir hierzu noch mehr Daten, insbesondere mit den weiteren Vertragstypen, die wir mit der KI prüfen lassen möchten.

Welche Vertragstypen prüfen Sie mit der KI?

Wir sind jetzt zuerst mit NDAs gestartet, da dies hochstandardisierte Verträge sind. Trotzdem müssen NDAs in Gänze sorgfältig durchgelesen werden. Das ist zeitraubend und eine wenig anspruchsvolle Arbeit, die meine Mitarbeitenden eigentlich unterfordert. Dieser Vertragstyp eignet sich daher für den Start, um erste Erfahrungen zu sammeln.

Außerdem prüfen wir mit der KI unsere durchaus umfangreichen Rahmenverträge. Diese betreffen unser Kerngeschäft und sind dementsprechend von hoher Bedeutung für uns.. Wir haben hier ein hohes Aufkommen an Verträgen und brauchen an dieser Stelle deshalb ein gewisses Mass an Standardisierung. Sprich, wir können nicht jeden Vertrag individuell verhandeln, sondern die Verträge müssen in unser Geschäftskonstrukt und bestehende Prozesse passen. Es setzt jahrelange Erfahrung der Branche, des Unternehmens und auch der Unternehmensrisiken voraus, um zu erkennen, welche Klauseln in den Rahmenverträgen akzeptierbar sind und welche nicht.

Mit der KI wird sichergestellt, dass die optimalen Klauseln, Regeln und Formulierungen im Contract Playbook verortet sind und von allen Jurist:innen gleichermassen die Unternehmensstandards eingehalten werden. Die KI-assistierte Prüfung ermöglicht uns ein verbessertes Risikomanagement, da sie sofort erkennt, welche Klauseln gegen die Unternehmensstandards verstossen, konträr oder anders formuliert sind. Und wenn wir das Volumen an Rahmenverträgen anschauen und die Möglichkeit der Risikominimierung gerade bei diesen Verträgen, dann bietet die KI aus Risikobetrachtungsperspektive einen hohen Mehrwert.

Als nächster Schritt schwebt mir vor, auch AGB von der KI überprüfen zu lassen. Diese sind anstrengend zu lesen, stark verklausuliert und oft recht umfangreich. Gerade AGB benötigen viel Zeit, da der Teufel im Detail steckt. Da wir ein gewisses Set an AGB haben, möchten wir, dass die KI im Bedarfsfall die AGB unserer Geschäftspartner überprüft und uns die Unterschiede bzw. Widersprüche zu unseren Bestimmungen aufzeigt. Das würde uns schon mal eine erste Arbeitserleichterung und Beschleunigung bringen.

Welche Gewinne versprechen Sie sich langfristig für Ihr Team?

Hier sehe ich klare Qualitätsgewinne. Künftig ist mit der KI nicht einfach nur das Abarbeiten und schnelle Überprüfen von Verträgen möglich, sondern ich verspreche mir davon auch eine gleichbleibend hohe Qualität bei der Vertragsprüfung.

Neben der Digitalisierung der Rechtsabteilung ist auch ein State-of-the-Art- Wissensmanagement für mich von zentraler Bedeutung. Fehlendes Wissensmanagement birgt grosse Risiken in sich und steht für mich auch für Ineffizienz. Unser gesamtes Wissen, unsere aus vielen Jahren Erfahrung gewachsenen Klauseln, Formulierungen und Regeln sollen jetzt in den Contract Playbooks niedergelegt werden. Dieses Wissen fliesst nicht nur in die KI ein, sondern gewährleistet auch unserem Unternehmen ein konstanter Know-how-Transfer.

Daraus abgeleitet verspreche ich mir ein schnelleres und verbessertes Onboarding bei der Vertragsprüfung. Die Teammitglieder wechseln heutzutage ja tendenziell öfter als früher. Mit der KI wird wiederum das Team beim Onboarding entlastet und das neue Team-Mitglied lernt unsere Unternehmens-Standards schneller als bisher. Und die Vertragsprüfung-Qualität bleibt konstant.

Neben dem verbesserten Wissensmanagement und den Qualitätsgewinnen sehe ich auch Effizienzgewinne. Mein Team wird bei der Vertragsprüfung entlastet und hat Kapazitäten frei für mehrwertstiftende Aufgaben.

Was ist Ihre Zukunftsmusik für die Rechtsabteilung?

Die KI soll eine Mitarbeiterin unserer Rechtsabteilung werden - auf die niemand mehr verzichten will und kann - sie soll mit dem Team zusammenarbeiten, eine gleichbleibend hohe Qualität gewährleisten und das Team entlasten. Es wäre begrüssenswert, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt weitere Aufgaben übernehmen könnte.

Ich wünsche mir, dass die gut ausgebildeten Jurist:innen künftig von zeitraubenden, repetitiven und langweiligen Aufgaben von der KI stark entlastet werden, so dass sie den Freiraum erhalten, ihre Kreativität zu nutzen und ihr ganzes Potential zu entfalten. Sie sollen unser Business beraten und das Unternehmen aktiv mitgestalten. Sei es, dass sie den Vertrieb oder den Einkauf bei der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen begleiten oder selbst eigene Ideen entwickeln. Oder dass sie individuelle Beratungen leisten bei neuen Themengebieten, kreativ rechtliche Umsetzungsmöglichkeiten aufzeigen und ganz neue Lösungsansätze entwickeln.

Meine Vision der Rechtsabteilung der Zukunft: Diese wird noch mehr als heute aus hochqualifizierten Menschen unterschiedlichster Fachbereiche mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Viten bestehen: Und hier werden Voll-Jurist:innen und Nichtjuristen agil Hand in Hand zusammen arbeiten, für optimale Lösungen. Ein diverses Team, zu dem auch die KI gehört. Die vielfältigen Skills dieses Teams bereichern die Rechtsabteilung, die tief im Business integriert ist und strategische Geschäftsentwicklungen mit vorantreibt.

Nicole Steuer ist bei der Rechtsanwaltskammer München zugelassene Rechtsanwältin. Sie ist beim französischen Rexel Konzern General Counsel für die Länder Deutschland, Österreich, Schweiz und Slowenien. Darüber hinaus verantwortet sie bei Rexel Germany als Mitglied des Executive Committees neben Legal auch die Bereiche Compliance, Kommunikation und ESG /Nachhaltigkeit. Nicole Steuer ist außerdem Vorstandsmitglied des Bundesverbandes des Elektro-Großhandels (VEG), welcher mit seinen 64 Mitgliedsunternehmen einen Jahresumsatz von ca. 10 Milliarden Euro vertritt.

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